Moritz Götze Ein Hallenser Pop-Art-Künstler auf Welt-Tournee


Moritz Götze ist das Enfant terrible Sachsen-Anhalts. Ein schillernder Pop-Comic-Künstler. Seit den 80er-Jahren malt er schrill bis knallig bunte Bilderbögen mit Sprechblasen-Lyrik. Jetzt ist Moritz Götze zusammen mit Künstlerfreund Rüdiger Giebler auf Welttournee, Start ist in Neuseeland.

Von Christoph Richter

Der Maler und Grafiker Moritz Götze aus Halle/Saale steht in der Schlosskirche St. Aegidien in Bernburg (Sachsen-Anhalt) an einer Emaillebildtafel mit einem Flüchtlingsschiff, dass zu einem Bilderzyklus mit in die Neuzeit übertragenen Szenen aus biblischen Themen gehört. Der Künstler hat in den vergangenen drei Jahren mit rund 320 Emaillebildtafeln einen Großteil der Seitenwände des Kirchenraumes und jetzt zum Abschluss die Apsis gestaltet.  (dpa / Waltraud Grubitzsch)

Der Maler und Grafiker Moritz Götze aus Halle/Saale steht in der Schlosskirche St. Aegidien in Bernburg an einer Emaillebildtafel mit einem Flüchtlingsschiff. (dpa / Waltraud Grubitzsch)

Über eine dunkle Holztreppe gelangt man in das Atelier von Moritz Götze. Das befindet sich in unmittelbarer Nähe der weltberühmten Kunstschule Burg Giebichenstein. Moritz Götze – mit jungenhaften Blick und kurzen Haaren – sprudelt vor Energie.

„Was kann ich dir anbieten?“

Jeder Besucher bekommt sofort das Gefühl, sich schon lange zu kennen. An der Wand steht ein riesiges Plattenregal mit tausenden Vinyl-Scheiben.

„Das ist die Musik, die du beim Arbeiten immer hörst?“ – „Ich bin musikalisch ein relativ großer Alles-Fresser. Das kommt immer so auf die Stimmung an.“

Jetzt hört er: Loyle Carner. Ein junger Londoner Rapper, dem eine große Zukunft vorhergesagt wird, der bereits mit der gefeierten Lyrikerin Kate Tempest zusammen gearbeitet hat.

Moritz Götze, 1964 geboren, lebt nach wie vor in seiner Heimatstadt Halle. Er ist engagiert, eigenwillig, unbequem und wurde schon mal als „Frechdachs“ beschrieben, der von Anfang an, „der herrschenden Lahmarschigkeit den Teppich unter den Füßen wegzog“. Denn schon zu DDR-Zeiten pinselte Moritz Götze mit schrill bunten Farben und comicartigen Figuren gegen den SED-Funktionärswahn. Mit lustiger Aktionskunst hat er die Genossen genarrt. Ähnlich wie einst Galerist Judy Lübke und Neo Rauch in Leipzig.

Die kulturelle Größe Sachsen-Anhalts kundtun

„Ich hab ja viele Bezugspunkte. Comic ist auf alle Fälle ein Bezugspunkt. Dann aber auch Pop Art und diese ganze mittelalterliche Malerei. Also Cranach, ist ja auch comichaft. Auch die gotischen  Bilder. Das ist mir alles sehr nah.“

Novalis, Nietzsche, Heinrich Schütz, Händel, Bismarck: Sachsen-Anhalt das einstige Land der Frühaufsteher ist für den gelernten Möbeltischler Götze ein mitteldeutsches Kraftzentrum. Moritz Götze, Vater von drei Kindern sieht sich als Botschafter Sachsen-Anhalts. Jetzt fährt er – gemeinsam mit dem Künstler Rüdiger Giebler um die Welt, um die kulturelle Größe Sachsen-Anhalts kundzutun.

Seine Schau trägt den Untertitel: Made in Kaisersaschern. Ein fiktiver Ort in Sachsen-Anhalt. Thomas Mann ersann ihn als Handlungsraum für seinen Roman Doktor Faustus, während Deutschland in Schutt und Asche fiel.

„Eine mittelalterliche Stadt, die zwischen Naumburg und Weißenfels an der Saale liegt. Die gibt es nicht. Da fließt so vieles rein. Vom Exil aus gesehen, war das für Thomas Mann die Stadt, wo er alles zusammenkonstruiert hat, was eine kleine deutsche Stadt ausmacht. Natürlich spielt es auch eine Rolle, dass in diesem Ort zwischen Weißenfels und Naumburg auch Nietzsche gelebt hat und geboren wurde.“

Beginn als Aktionskünstler

Vier Jahre lang ist der hallensische Popkünstler mit seinen flirrend bunten, comicähnlichen Arbeiten unterwegs, zusammen mit Künstlerfreund Giebler  und dessen expressionistischen Bilderbögen. Den Ausstellungstitel: Grand Tour hat sich Götze nicht nur so ausgedacht.

„Bezieht sich auf die Grand Tour im 18. Jahrhundert, wo wohlhabende oder fürstliche Sprösslinge, wenn die dann 18, 19, 20 wurden, auf die Grand Tour geschickt wurden. Damit sie sich die Hörner abstoßen – das haben wir schon – aber dass sie auch die Welt kennenlernen und Netzwerke knüpfen und größeren Horizont bekommen.“

Moritz Götze startete Mitte der 80er-Jahre als Aktionskünstler. Jetzt malt er bunte, ironisch-sarkastische – mitunter naiv wirkenden – Bilderbögen auf Emaille.

„Das ist also Blech – das wird dann ausgeschnitten. Die Farben werden wie eine Glasur bei 800 Grad gebrannt.“

Die Themen: mitteldeutsche historische Ereignisse – wie das „Hallesche Heilthum“ der Magdeburger Erzbischöfe – der heutige Alltag, die Politik. Götze sammelt Geschichten und spinnt sie weiter. Keiner weiß, was daran echt oder Spiel ist, das wird allein dem Betrachter überlassen. Götze ist Autodidakt und Gründer einer kleinen Edition, des Hasenverlags.

Von Sachsen-Anhalt in die Welt

„Ich muss sagen, ich komm aus einem Künstlerhaushalt. Mein Vater ist Maler, meine Mutter ist Künstlerin. Insofern habe ich einen künstlerischen Background. Aber da ich nicht vor hatte Kunst zu machen, bin ich nicht studieren gegangen, hätte es auch gar nicht gekonnt, da ich kein Abitur hatte. Ich hätte nie gedacht, dass mir das mal so wichtig wird, Kunst zu machen. Ich sag immer ironisch: Ich muss Maltherapie machen. Weil, mir fehlt sonst was.“

Jetzt stellt der Popkünstler in Neuseeland aus, wo man wahrscheinlich das erste Mal überhaupt von Sachsen-Anhalt hört. Dann Australien, New York, Los Angeles. Aber auch Kasachstan, Bangalore, Karlsruhe, Quedlinburg, Schweinfurt, Athen und Seattle. Insgesamt 34 Ausstellungen in vier Jahren. Ist das nicht alles ein bisschen größenwahnsinnig?

„Ja, total. Aber ich mein, als ich jung war, hatte ich eine Band die hieß Größenwahn.“

Moritz Götze ist ein im positiven Sinne getriebener: Wenn es morgen die Chance gäbe für die Vielfalt Sachsen-Anhalts auf dem Mond zu werben: Er würde es sicherlich sofort tun.