
Albert Ebert (1906 – Halle/Saale – 1976) Mackie Messers Hochzeit I. Öl auf Hartfaser. 1966. 350 x 450 mm. U. r. signiert, datiert. U. l. bezeichnet: Zur Erinnerung an meinen lieben Reg. Kurt Veth & Premiere ‚Macci Messer‘ am 27. November 1965 in Halle. Verso Etikett der 6. Deutschen Kunstausstellung Dresden 1967. WVZ Litt 66-4. Provenienz: Privatsammlung Sachsen. | Albert Ebert. Malerei, Hrsg. Helmut Brade, Verlag Faber & Faber, Leipzig 2001, Abb. S. 89 u. 239. | Gerhard Wolf: Albert Ebert. Wie ein Leben gemalt wird, Union Verlag, Berlin 1974, Abb. S. 48.
Frische Künstlerrekorde
Bei den Ahrenshooper Kunstauktionen kamen Kunst aus der DDR und Arbeiten aus den Künstlerkolonien an der Ostsee unter den Hammer.Michael Lassmann 07.08.2025.
München. Ob die privaten Initiatoren der ersten Ahrenshooper Grafikauktion 1972 bereits ahnten, dass sie mit ihrem Engagement das Fundament für eine mittlerweile mehr als 50-jährige Erfolgsgeschichte legten? Ihre begrenzten Mittel zwangen sie damals zu fast spielerischer Improvisation: Die angebotenen Druckgrafiken von DDR-Künstlern mussten anfangs noch an Wäscheleinen befestigt werden.
Aber die Startpreise waren niedrig, und entsprechend positiv reagierte das Publikum; der Abendtermin an jedem ersten Samstag im August wurde zur festen Tradition, die sich bis heute erhalten hat. Der Erfolg der Ahrenshooper Grafikauktion rief bald den Kulturbund und den staatlichen Kunsthandel der DDR auf den Plan, die sie unter ihr Dach holten, ohne jedoch in die Auswahl der Lose einzugreifen.
Dank eines lokalen Fördervereins konnte die alljährliche Sommerauktion zwei Jahre nach der Wende wieder fortgeführt werden. Seit der Übernahme der Leitung durch den Berliner Sammler Guenter Roese 1998 firmiert sie als „Ahrenshooper Kunstauktionen“ und bildet programmatisch neben Kunst der DDR vor allem das ganze Spektrum der Ahrenshooper Künstlerkolonie ab – die noch dort ansässige Gründergeneration um Paul Müller-Kaempff, ebenso die späteren Sommergäste aus dem Lager der klassischen Moderne und mit dem Ostseebad verbundene Zeitgenossen.
Das Angebot wurde auch um Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen, Collagen und Skulpturen erweitert. Die Berücksichtigung weiterer norddeutscher Künstlerkolonien wie Worpswede, Hiddensee, Schwaan oder Nidden erlaubt eine breite Darstellung der Kunstströmungen in Deutschland, da sie wie Ahrenshoop Kunstschaffende aus allen Metropolen des Landes anzogen.

Von der eilig aufgespannten Wäscheleine gelangte man zu in Jahrzehnten gesammelter Expertise: Neben der Durchführung von inzwischen zwei Versteigerungen pro Jahr hat sich Ahrenshooper Kunstauktionen vor allem unter der Leitung Robert Dämmigs seit 2013 zunehmend auch zu einer Schnittstelle der Forschung entwickelt.
Immer aufwendiger recherchierte Kataloge, die Unterstützung beim Aufbau der Sammlungen des im gleichen Jahr eröffneten Kunstmuseums Ahrenshoop oder für Recherchen anderer Museen, die Konzeption von überregionalen Ausstellungsprojekten zu Lyonel Feininger, Gerhard Marcks oder der Künstlerkolonie Nidden: Die Bemühungen des Hauses um die Schließung lange vernachlässigter Erkenntnislücken sind Bestandteil seiner erfolgreichen Unternehmensstrategie und haben schließlich auf das Vertrauen der Sammler und Einlieferer eingezahlt. Für viele ihrer bevorzugten Signaturen ist Ahrenshoop die führende Adresse.
Zuschlagsquote von 90 Prozent
Das spiegeln auch die Umsatzzahlen, zuletzt bei der gerade erst am 2. August durchgeführten Sommerauktion mit 178 Losen, auf der eine beachtliche Zuschlagsquote von 90 Prozent sowie eine Reihe von frischen Künstlerrekorden notiert wurden. Als Favorit des Abends galt bereits im Vorfeld die Bearbeitung einer Theaterszene des Hallenser Genremalers Albert Ebert. Die Taxe von 24.000 Euro für „Mackie Messers Hochzeit“ aus Bertolt Brechts Dreigroschenoper schien bescheiden, zumal seit 2023 bereits viermal die Marke von 30.000 Euro gerissen worden war, davon allein zweimal im Haus. Mit einem Zuschlag bei 60.000 Euro (76.200 Euro inklusive 27 Prozent Aufgeld) etablierte das Bild einen neuen Rekord für den Künstler, der aufgrund seines naiven Figurenstils gern als „Rousseau von der Saale“ bezeichnet wird.
Bereits in der zurückliegenden Winterauktion am 30. Dezember war dort eine weitere Bühnenszene mit dem Titel „Romantische Oper“ von 14.000 auf 34.000 Euro hochgesteigert worden. Am gleichen Abend präsentierte man das Figurenstück „Im Krug zum grünen Kranze“, das sich von 9500 auf 32.000 Euro verbesserte. Sein Titel bezieht sich allerdings nicht auf das romantische Volkslied, sondern auf das gleichnamige Wirtshaus in Eberts Heimatstadt, das als Schauplatz für Wilhelm Müllers Inspiration zum Liedtext genannt wird, zum Zeitpunkt der Entstehung des Bildes (1962) allerdings in eine HO-Gaststätte umgewandelt worden war.

Mit 24.000 Euro den zweithöchsten Hammerpreis erzielte der von den Pointillisten um Georges Seurat und Paul Signac informierte Karton „Kirschblüte“ des Rostocker Spätimpressionisten Rudolf Bartels, einem der bedeutendsten Mecklenburger Maler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Auch hier hatte man nur mit einem Bruchteil des Ergebnisses gerechnet (Taxe 7500 Euro). Erst vor einem Jahr notierten die Ahrenshooper mit 32.000 Euro für eine Variation seiner gesuchten „Laternenkinder“ von 1922 einen vorläufigen Bestwert für Rudolf Bartels.
Um die Verbesserung seiner Marktposition kümmerte sich das Haus im Alleingang, denn alle bislang ermittelten Preise über 20.000 Euro gelangen dort. Im August 2004 wurde für das Fischermotiv „Nach dem Fang“ der erste Zuschlag über 5000 Euro notiert. Nur ein Jahr darauf stieß ein „Blumenstillleben (mit Muschel)“ von 1912 mit dem Höchstgebot von 10.500 Euro erstmals in den fünfstelligen Bereich vor. Um die Hürde von 20.000 Euro zu nehmen, brauchte das Team allerdings bis zur Sommerauktion 2021, bei der ein „Blick auf das sommerliche Schwaan“ für 26.000 Euro vermittelt wurde.
Ein weiterer Rekord gelang für den Stralsunder Surrealisten Manfred Kastner, dessen Komposition „Seezeichen“ statt der vorgeschlagenen 7500 erst bei 19.000 Euro abschloss. Mit ihm verbuchte das Haus fünf der bislang sechs Hammerpreise über 10.000 Euro für sich – den ersten vor zwei Jahren für eine „Nature morte (Das Frühstück)“ von 1974/75, die bei 12.000 Euro stehen blieb.
Ebenfalls mit 19.000 Euro bewertet wurde die nur auf 5500 Euro geschätzte Frühlingsstimmung „Kirschblüte am Saaler Bodden“ von Elisabeth von Eicken, die zur ersten Generation der Ahrenshooper Malerinnen und Maler gehörte. Auch bei der Pflege ihrer Preise leistete das Auktionshaus Pionierarbeit. Fünfstelliges schrieb man erstmals vor 23 Jahren mit runden 10.000 Euro für einen „Sommertag an der Ostsee“. Darüber hinaus sind alle Werte ab 15.000 Euro durchweg hausgemacht – einschließlich des nur zwei Jahre alten Rekordpreises von 36.000 Euro für „Das Dornenhaus im winterlichen Tauschnee“ von circa 1893.
Text: Michael Lassmann
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