Der Maler Wasja Götze als ostdeutscher Pionier der Pop Art
Es sollte nach dem Ende der DDR noch etliche Jahre brauchen, bis der Maler Wasja Götze endlich in den Blickpunkt des Kunstbetriebes geriet. Während die Münchner Pinakothek der Moderne zumindest eines der Schlüsselbilder Götzes bereits kurz nach der Friedlichen Revolution im Jahre 1989 ankaufte, ignorierte das städtische Kunstmuseum in Halle (Saale) lange Zeit den maßstabsetzenden Künstler völlig. Erst als 2016, nach einem Direktorenwechsel, eine überfällige Ausstellung zu einer furiosen Entdeckung des nonkonformen Malers werden sollte, kann sich der Künstler auch in seiner Heimatstadt als angekommen fühlen – so ist er in der neu eingerichteten Bestandspräsentation des Kunstmuseums Moritzburg in Halle nun genauso präsent wie in den großen Themenausstellungen zur ostdeutschen Kunst.
Die Arbeit an den Berliner Theatern verhalf Wasja Götze zu einer Kontrasterfahrung, die sein späteres Leben entscheidend beeinflussen sollte. Im Jahre 1973 zeugt sein Bild „Abschied von H. oder Es kann nicht immer Liebe sein“ bereits von den in Berlin empfangenen Impulsen. Wasja Götze zu diesem Schlüsselbild: „Es war die Zeit wo ich mir ganz programmatisch sagte: Jetzt wird ernsthaft gemalt!“

„Laut und farbig“ statt still und grautönig musste fortan seine Malerei sein. Die spezifische Adaption der Pop art durch Wasja Götze ersetzte die Produktwelt westlichen Konsums, die er selbst nur aus der Distanz einer Second hand-Sphäre wahrnahm, durch die Motive kommunistischer Propaganda. Der „neue Realismus“ nonkonformer Maler wie Wasja Götze unterschied sich vom staatsoffiziellen Realismusmodell vor allem dadurch, dass er die Diskurse einer Gegenmoral in die künstlerische Produktion einschloss, anstatt sie aus einem purifizierten Bereich ästhetischer Selbstbestimmung zu verweisen.
Wer jene schwierig zu meisternde Balance schafft, sich ohne Echo weltwärts zu orientieren und es wagt, sich selbst aufs Neue stetig herauszufordern, auch wenn die Bilder erst seit einigen Jahren den Weg in die überregionale Kunstwelt finden, für den kann nun wirklich gelten, ein Maler mit eigenständigem Profil und moralischen Prinzipien zu sein. Für Wasja Götze, dem Maler, Grafiker und Objektkünstler, wurden diese beiden Kraftpole Grundlage für ein fulminantes Lebenswerk, das in seiner Güteklasse mit einigem Erstaunen noch entdeckt werden wird.





GESCHRIEBEN VON PAUL KAISER
1961 in Freiberg/Sachsen geboren, Kultur- und Kunstwissenschaftler, Kurator und Publizist. Seit 2017 Direktor des Dresdner Institutes für Kulturstudien. Zahlreiche Bücher zum Kunstsystem in der DDR, zuletzt Boheme in der DDR. Kunst und Gegenkultur im Staatssozialismus, Dresden 2016. Kurator und Co-Kurator von Ausstellungen zur ostdeutschen Kunst, u.a. „Abschied von Ikarus. Bildwelten in der DDR – neu gesehen“ Neues Museum Weimar, 2012/2013. Derzeit bereitet er die Ausstellung vor „Point of No Return. Wende und Umbruch in der ostdeutschen Kunst“, Museum der bildenden Künste Leipzig.
Quelle: stayinart