Wolfgang Mattheuer, Trotz alledem!, 1981, Kugelschreiber, Gouache auf Papier, 17 x 12 cm
Pressemitteilung
Highlight zur Eröffnung des Ahrenshooper Kunst-und Kulturjahres 2023
„TROTZ ALLEDEM!“
Wolfgang Mattheuer – Die politischen Bilder
Skizzen – Zeichnungen – Reflexionen
Kurator: Robert Dämmig
Wolfgang Mattheuer, 1927 im vogtländischen Reichenbach als Sohn eines Buchbinders und einer Textilarbeiterin geboren, 2004 an seinem 77. Geburtstag gestorben, war neben Werner Tübke und Bernhard Heisig Hauptvertreter der sogenannten „Leipziger Schule“.
Für ihn war Kunst keine Zirkusnummer, sondern etwas Ernstes, das der Wahrheitsfindung dient. Kunst als gegenstandslose, dekorativ-flache Banalität, auf dieser Klaviatur der kommerziellen Kunstproduktion spielte er nicht.
Er stellte sich vielmehr konsequent der Herausforderung, Welt-Ansichten zu schaffen.
Seine Kunst ist wie eine Lupe, durch die Gefühle, Visionen, Erfahrungen und unsere Welt besser erkennbar werden.
Sein Credo lautete: „Ich will meinen Mitmenschen etwas sagen. Ich will ihnen nicht eitel sagen, wie gut ich etwas sagen kann, sondern das, was ich in der Welt und unter Menschen erlebt habe, will ich eindringlich und aufrichtig, so klar und unverwechselbar, wie ich kann, mit meinen Mitteln sagen.“
Anlass seiner Bildfindungen waren oft konkrete Erlebnisse, Ereignisse oder auch Fundstücke, die er aus ihrem ursprünglichen Kontext herauslöste und in vielschichtige Platzhalter für menschliche Fragestellungen verwandelte.
Beispielhaft sei hier auf den in der Zeichnung mit dem Titel „Trauer“ erstmals auftauchenden flügellahmen Plastevogel hingewiesen. Diesen fand er bei einem Spaziergang mit seinem Sohn Richard im Kulkwitzer Tagebaurestloch.
Nach Jahren des Winterschlafs in seinem Atelier gab der Vogel angesichts der Todesnachricht von Ulrike Meinhof den entscheidenden Impuls für den folgenden umfangreichen Ikarus-Zyklus.
Die kompromisslose Radikalisierung, in die sich die engagierte Journalistin verrannt hatte, assoziierte er mit Ikarus, der von seiner eigenen Hybris zu Fall gebracht wurde.
Derartige Impulse erkundete und verdichtete Wolfgang Mattheuer als Bildideen über Jahre hinweg virtuos in unterschiedlichen Techniken.
Das Ergebnis dieses um End-Gültigkeit bemühten Schöpfungsaktes waren Gleichnisse, waren Botschaften an und über die Welt.
Ein weiteres Beispiel für solche ihn inspirierende Fundstücke ist ein Stück Treibholz, gegen das er beim Schwimmen in der Talsperre Pöhl stieß und aus dem er die große Malerei „Was nun?“ destillierte, dem Lieblingsbild des Aachener Großsammlers Peter Ludwig.
Wer sich einlässt und über die wegweisenden Bildtitel in seine oft allegorischen, biblischen oder mythologischen Bildinhalte eintritt, entdeckt unter der Oberfläche des Dargestellten uranfängliche Menschheitsträume und deren Manipulation durch die Macht des Geldes, der Beziehungen oder gar ganzer Staatsapparate.
Die Protagonisten Mattheuerscher Kunst verkörpern Scheitern, Stürzen und enttäuschte Hoffnung, aber und vor allem auch ein nicht versiegendes, widerständiges „Trotz alledem“.
Sein gestürzter Ikarus erhebt sich und dessen Flügel ziehen himmelwärts.
Sein Sisyphos setzt dem Fluch die Möglichkeit entgegen, einfach davonzurennen oder – besser noch – sich durch bildhauerische Bearbeitung des Steins endgültig von der Fron zu befreien.
Sein Prometheus verlässt das brennende Theater und geht aus seinem Kasten.
Der streitbare Moralist Wolfgang Mattheuer war unermüdlich in seinem Schaffen den Elementen des Zerstörerischen und des Lebensekels Aspekte der Größe und des zivilisatorischen Aufbruchs entgegenzustellen.
Obwohl er selbst oftmals angesichts der ihn umgebenden Tristesse an der vermeintlichen Wirkungslosigkeit seiner Kunst verzweifelte, will er uns Mut machen und zum Handeln herausfordern.
Am 24. März 2023 um 19 Uhr eröffnet die Galerie Alte Schule Ahrenshoop eine Ausstellung mit Werken des Künstlers Wolfgang Mattheuer (1927 – 2004).
In Kooperation mit der Sammlung Mathar werden Skizzen, Zeichnungen, Vorstudien und finale Blätter bekannter Motive Mattheuers wie „Der Jahrhundertschritt“, „Trotz alledem!“, „Hinter der Maske“ u. a. gezeigt.
Zur Vernissage sprechen Robert Dämmig (Kurator), der Sammler Peter Mathar (Düren) sowie der Kulturwissenschaftler Dr. Paul Kaiser (Dresden).
Am Samstag, dem 25.3.2023, um 11 Uhr führt Peter Mathar (Sammlung Mathar) durch die Ausstellung.
Der Eintritt zur Vernissage sowie zur Führung am Folgetag ist frei, danach 2 €.
Ausstellungsdaten:
Titel: „TROTZ ALLEDEM!“
Künstler: Wolfgang Mattheuer
Vernissage: 24. März 2023, 19 Uhr, Einführung: Robert Dämmig, Peter Mathar, Dr. Paul Kaiser
Ausstellungsdauer: 25. März bis 7. Mai 2023
Ort: Galerie Alte Schule Ahrenshoop, Dorfstr. 16,
18347 Ahrenshoop
Kontakt: info@galerie-alte-schule-ahrenshoop.de
Internet: www.galerie-alte-schule-ahrenshoop.de
Telefon: 038220 66 33 0
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr
oder nach telefonischer Vereinbarung
Eintritt: 2 €
Abbildung:
Wolfgang Mattheuer, Trotz alledem!, 1981, Kugelschreiber und Gouache auf Papier